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Quakende Frösche, wandernde Kröten, farbige Salamander, Kaulquappen im Tümpel - die Welt der Amphibien ist reich an faszinierenden Erscheinungen. Aber diese Welt ist in Gefahr, die Lebensräume der Lurche schwinden. Das Amphibiensterben hat längst begonnen. Von Christiane Seiler Credits Autorin dieser Folge: Christiane Seiler Regie: Anja Scheifinger Es sprachen: Katja Schild, Carsten Fabian Technik: Andreas Caramelle Redaktion: Bernhard Kastner Im Interview: P.D. Dr. Marc-Oliver Rödel, Museum für Naturkunde Berlin; Prof. Santiago Ron, Katholische Universität von Ecuador; Steven Lischke, Stiftung Naturschutz Berlin, Dr. Albert Poustka, Stiftung Naturschutz Berlin; Andreas Krone, NABU Barnim; Michael Schünemann, Ranger, Naturpark Barnim. Diese hörenswerten Folgen von Radiowissen könnten Sie auch interessieren: WirTier Folge 1 - Wespenschwärmerei Nicht nur den Amphibien geht es hierzulande gerade nicht gut, auch unsere Insektenwelt ist in Bedrängnis geraten. Gerade Insekten mit einem eher schlechten Ruf, haben es schwer. Unser neuer Podcast ‚WirTier‘ widmet sich in seiner ersten Folge ‚Wespenschwärmerei‘ genau diesen verkannten und doch so faszinierenden Insekten. Dazu hat unsere Host Victoria den engagierten Wespenschützer Erik Ahlborn besucht. JETZT ENTDECKEN Und noch eine besondere Empfehlung der Redaktion: Linktipps: Feuersalamanderseuche im Steigerwald HIER geht es zur Website Verschiedene Artenporträts vom Bayrischen Landesamt für Umwelt HIER geht es zur Website Porträt der Wechselkröte HIER geht es zur Website Literatur: Dieter Gland: Heimische Amphibien bestimmen, beobachten und schützen. Wiebels heim, Aula, 2008. Mit Tierstimmen auf CD. Gut geschriebene Einführung mit genauen Beschreibungen der heimischen Arten. Wir freuen uns über und Anregungen zur Sendung per Mail an [email protected]. Radiowissen finden Sie auch in der ARD Audiothek: ARD Audiothek | Radiowissen JETZT ENTDECKEN Das vollständige Manuskript gibt es HIER. Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript: 01 Zsp Froschteich -Poustka Vor zwei Jahren hatte ich hier noch 40 Tiere, 18 Rufer, 18 Männchen, die gerufen haben. Und ja, jetzt ist gähnende, wie sagt man, Stille. Kein Tier. Ich muss das kurz dokumentieren. Dann können wir es noch wo anders probieren. 02 Zsp Froschteich - Poustka, Atmo Poustka geht herum und murmelt vor sich hin, darauf Sprecherin Unterwegs mit dem Biologen Albert Poustka von der Stiftung Naturschutz Berlin. Er verhört Wechselkröten – so heißt es, wenn man Amphibien anhand ihrer Rufe identifiziert. Denn jede Art ruft unverwechselbar. Poustka sucht an einer der wenigen Stellen im Stadtgebiet, wo die streng geschützten Tiere noch zu finden sind. 03 Zsp Froschteich - Poustka Ich muss nur kurz Eintragungen machen, dass ich hier bin, um wie viel Uhr usw. und in dem Fall, dass ich leider nichts gehört oder gesehen habe, bis jetzt. (Ab hier unter nächsten Sprecherinnentext: Wasserstand sehr niedrig, Temperatur… 15 Grad, warm genug, trocken. So.) Sprecherin Im Frühjahr bleibt Albert Poustka manche Nacht wach, auf der Suche nach der seltenen Amphibienart. Er habe sein Hobby zum Beruf gemacht, meint er. Schon als Jugendlicher war er in den Steinbrüchen seiner Heimat in der Gegend von Heidelberg unterwegs, immer auf der Suche nach Lurchen und besonders den Wechselkröten. 04 Zsp Froschteich - Poustka Man denkt, dass es nicht mehr schlimmer werden kann, aber es wird leider immer schlimmer. Also gerade mit den Wechselkröten, da kenne ich aus meiner Jugend vor über 40 Jahre halt noch Vorkommen, wo 5000 Tiere saßen. Da konnte man gar nicht mehr laufen. Und da, wo es noch Tiere gibt, da, meistens sind es 10 oder 20 Tiere. Wenn man Glück hat. …Das ist ganz furchtbar, wie die Zahlen einfach eingebrochen sind. Musik Green tiny grass (Länge: 0´25´´) ,Sprecherin Sogar in seiner Freizeit beschäftigt sich Albert Poustka mit Amphibien, hilft Erdkröten über die Straße. Diese Tiere legen im Frühjahr oft lange Wege zu ihren Laichgewässern zurück. Sie stauen sich an Krötenzäunen, von wo aus Tierschützerinnen und Tierschützer sie über die Straße tragen. 05 Zsp Froschteich - Poustka Wir haben auch einen Zaun in Berlin, den wir betreuen, da hatten wir vor fünf bis sechs Jahren noch um die 1.500 Tiere, Im letzten Jahr waren es 80 gewesen in diesem Jahr 28. Ist zum Heulen. Sprecherin Abgesehen von Straßen und schwindenden Lebensräumen macht den Erdkröten noch eine vermeintlich niedliche invasive Säugetierart das Leben schwer. Kröten sondern über ihre warzige Haut ein giftiges Sekret ab, das den meisten einheimischen Räubern die Lust auf eine Krötenmahlzeit vergällt. Füchse etwa verschmähen die Kröten. Nicht so die Waschbären mit ihren geschickten Vorderpfoten: 06 Zsp Froschteich - Poustka Die ziehen denen die Haut ab, komplett, das bleibt übrig wie ein Strumpf. Und wenn irgendwo nur noch fünf bis zehn Kröten oder Frösche zusammenkommen und nicht, wie es früher war, 5.000, und dann kommt der Waschbär vorbei, dann sind die halt weg, ne. Sprecherin Wissenschaftler wie Poustka, die sich mit Amphibien beschäftigen, sind Herpetologen. Was man darunter versteht, erklärt sein Kollege Steven Lischke von der Stiftung Naturschutz. Die betreibt das Amphibienmonitoring für das Land Berlin. 07 Zsp Froschteich - Lieschke Ja, Herpetologie fasst praktisch die Amphibien und Reptilien in einer Gruppe zusammen. Früher häufig auch als Kriechtiere bezeichnet. Die Amphibien sind ja die Lurche, und die Reptilien sind in dem Sinne die Kriechtiere, sind aber an sich völlig unterschiedliche Tiergruppen. Und der wesentliche Unterschied zwischen Amphibien und Reptilien ist, dass die Amphibien bei der Fortpflanzung wassergebunden sind, das heißt, sie legen ihre Eier ins Wasser. Dort findet dann der Schlupf der Larven statt. Diese machen eine Metamorphose durch. Die haben dann Kiemen, mit denen sie atmen. Und im Laufe der Saison bilden sich die Kiemen zurück. Es entwickeln sich Lungen, so dass das Tier am Ende an Land gehen kann und dann nach Nahrungssuche geht. Musik No trace (Länge: 0´52´´) Sprecherin Amphibien fressen zu fast 100 Prozent tierische Nahrung. Wie Fische und Reptilien sind sie Wirbeltiere und wie diese wechselwarm. Ihre Aktivitäten und Stoffwechselvorgänge sind stark von der Umgebungstemperatur abhängig. 08 Zsp Froschteich - Lischke Da gibt es die Froschlurche zu denen eben Kröten, Frösche, Unken zählen. Dann haben wir die Schwanzlurche. Die sind halt eben gegliedert mit Kopf, Rumpf und Schwanz, wie der Name schon sagt. Und dazu zählen eben Salamander und Molche. Und dann haben wir noch die Schleichenlurche. Die gibt es allerdings nicht in Europa. Und bei uns kommen in Deutschland 20 Amphibienarten vor, von denen wir sechs Schwanzlurcharten haben. Und 14 Froschlurcharten. Musik From earth to venus (Länge: 0´56´´) Sprecherin Seit 380 Millionen Jahren leben Amphibien auf der Erde, seit dem Erdzeitalter Devon. Aus ihnen entwickelten sich die Reptilien, die zur Fortpflanzung nicht mehr auf das Wasser angewiesen sind. 09 Zsp Froschteich - Rödel Also zu dem Zeitpunkt, wo die Wirbeltiere zum ersten Mal an Land gingen, waren das natürlich die Amphibien. Das heißt, in diesem Erdzeitalter haben Amphibien die Welt dominiert. Da gab es noch keine Dinosaurier, Säugetiere, Vögel oder so was. Da war der Haupträuber an Land das Amphib, oder auch im Wasser. Sprecherin Der Biologe Marc-Oliver Rödel vom Museum für Naturkunde in Berlin. 10 Zsp Froschteich - Rödel Und das waren teilweise Monster bis zu sieben Meter Größe. Die haben nichts mit dem zu tun, was jetzt heutzutage noch an Amphibien durch die Welt hüpft oder krabbelt. Die sahen ein bisschen so ähnlich aus wie so ein überdimensionierter Salamander, haben aber verwandtschaftlich nichts mit ihnen zu tun. Sprecherin Im Jahr 2025 listet die Internetseite Amphibians of the World vom Amerikanischen Museum für Naturgeschichte 8.878 Arten auf. Und es kommen immer noch neue hinzu. 11 Zsp Froschteich - Rödel Wer neue Arten entdecken will, muss nur in die Tropen, in irgendeinen Wald gehen und ein bisschen genauer gucken. Ich arbeite seit über 30 Jahren in Westafrika und wir finden nach wie vor permanent neue, unbeschriebene Froscharten. In Ecuador genau dasselbe, in Asien genau dasselbe. Und das sind teilweise auch durchaus nicht einfach nur kleine, braune, unscheinbare, Frösche, auf die nie jemand drauf geguckt hat. Wir haben mitten in Abidjan, also der ökonomischen Hauptstadt der Elfenbeinküste, haben wir in einem winzigen Waldgebiet zum Beispiel einen knallbunten orangen Frosch mit blauen Augen entdeckt, der sogar eine neue Gattung war. Sprecherin Rödel hat schon viele Arten entdeckt und beschrieben. Das ist ein komplizierter Vorgang, der sich jahrelang hinziehen kann. Bis die neue Art schließlich einen Namen bekommt. Aber niemals benennt ein Naturforscher eine von ihm entdeckte Art nach sich selbst. 12 Zsp Froschteich - Rödel Ein Kollege hat eine Art mal nach mir benannt, die tatsächlich nicht in Afrika, sondern auf Neuguinea vorkommt. Oreophryne Rödeli. Ein sehr netter, kleiner, putziger Frosch. Musik Misty mountain pattern (Länge: 0´40´´) Sprecherin Amphibien haben eine glatte oder warzige, drüsige Haut, die Feuchtigkeit braucht. Aber nur wenige Arten, etwa Grottenolm und Axolotl, leben dauerhaft im Wasser. Sie machen keine Metamorphose durch, bleiben im Larvenstadium und bei der Kiemenatmung, werden aber trotzdem geschlechtsreif. Alle anderen Luche brauchen neben dem Wasser geeignete Lebensbedingungen und Strukturen an Land. Wo verbergen sich zum Beispiel die Wechselkröten, die an ihrem durch die Trockenheit geschrumpften Laichgewässer nicht zu finden sind? Albert Poustka: 13 Zsp Froschteich - Poustka Man glaubt es nicht, wo die sich verstecken, graben sich einfach hier irgendwo ein, kennen die Stellen, wo sie sich leicht eingraben können, oder bei den Wurzeln da vorne, bei diesen Gehölzen, oder eben Mäuselöcher. Da gehen die rein und dann sind sie ganz, ganz schnell weg. Die warten auf mehr Regen im Moment. Sprecherin Albert Poustka dreht einige alte Autoreifen um, die im Gras neben dem Tümpel liegen. Keine Kröten zu sehen. An einem Teich in der Nähe quaken die Teichfrösche. 14 Zsp Froschteich-Teichfrosch Sprecherin Sie sind Hybride aus den Arten Seefrosch und Kleiner Wasserfrosch. Lange hielt man den Teichfrosch für eine eigene Art, bis Ende der 60er Jahre der polnische Zoologe Leszek Berger über Kreuzungsexperimente zu der Vermutung gelangte, dass ausgerechnet der Teichfrosch gar keine echte eigene Art, sondern ein Hybrid sei. Eine zoologische Sensation, denn Teichfrösche bleiben fortpflanzungsfähig, während Hybride von Wirbeltierarten normalerweise unfruchtbar sind – man denke nur an Pferd und Esel. Der Teichfrosch ist ein Erfolgsmodell, meint der Biologe Steven Lischke. Ein Allrounder unter den Fröschen. 15 Zsp Froschteich - Lischke Er ist einfach anungsfähiger. Also er kann sowohl an Kleingewässern und kleinen Gartenteichen vorkommen und sich fortpflanzen und aber auch an größeren Gewässern, an Seeufern beispielsweise. Der Seefrosch, wie der Name schon sagt, bevorzugt hauptsächlich große Gewässer, das können entweder Seen sein oder auch Fließgewässer. Und der kleine Wasserfrosch, also die andere Elternart, bevorzugt eher so kleinere Gewässer. Also es sind einfach unterschiedliche Lebensraumansprüche und der Teichfrosch ist da einfach flexibler. Sprecherin Als Poustka sich dem See nähert, verstummen die Teichfrösche. Nahe am Ufer, im kurzen Schilf, entdeckt er einige Exemplare: 16 Zsp Froschteich - Poustka Ah, hier ist ein Amplexus. Autorin: Was ist das? Poustka: Ein Amplexus. Ein Pärchen, oben Männchen, unten Weibchen, die paaren sich jetzt gerade. Ich trag nachher die Zahl ein … Musik Green tiny grass (Länge: 0´47´´) Sprecherin Amphibien legen ihre Eier, wie bereits gesagt, im Wasser ab. Frösche und Unken in Form von größeren oder kleineren Ballen, Kröten in Schnüren, Molche kleben einzelne Eier an Blätter von Wasserpflanzen. Nur der in den bayrischen Alpen heimische Alpensalamander bringt fertige kleine Lurche zur Welt. Das Männchen befruchtet die Eier in der Regel, indem es sein Sperma darüber gibt. Es hält sich bei der Eiablage ganz in der Nähe des Weibchens auf, klammert sich auf dessen Rücken manchmal mehrere Stunden lang fest. Das alles geschieht, sobald es im Frühjahr wärmer wird. Die beste Zeit, um Amphibien in der Natur zu beobachten. Deshalb hat der NABU im Naturpark Barnim, nördlich von Berlin, zum Unken- und Laubfroschkonzert eingeladen. Etwa dreißig Naturfreundinnen und Naturfreunde haben sich eingefunden. Geführt von Andreas Krone, Hydrologe und Hobby-Herpetologe. 17 Zsp Froschteich - Krone Nach dem Laichen ist es so, dass die Rotbauchunken selber im Gewässer bleiben noch. Im Herbst wandern sie eben von den Gewässern ab und müssen dann natürlich geeignete Lebensräume haben, die genug Futter bringen, aber eben auch dann für den Winter geeignete Winterquartiere. Während zum Beispiel die Moorfrosch, Grasfrosch, Erdkröte, die Frühlaicher, sofort nach dem Laichen das Gewässer verlassen und dann wieder in die Lebensräume abwandern. Musik From earth to venus (Länge: 0´36´´) Sprecherin Brandenburg ist eine Landschaft, die mit dem Ende der letzten Eiszeit vor rund 14.000 Jahren geformt wurde. Beim Schmelzen des Eises blieben sogenannte Sölle zurück, Kleinstgewässer in einer Senke. Vor der Industrialisierung der Landwirtschaft nutzten Bauern diese Tümpel, um ihre Pferde zu tränken oder die hölzernen Wagenräder zu befeuchten. Heute liegen sie oftmals inmitten intensiv bewirtschafteter Felder. Ungünstig für die Unken: 18 Zsp Froschteich - Krone Wir haben ja hier in Brandenburg große Ackerschläge mit mehreren 100 Hektar, wenn da ein Soll in der Mitte ist und ringsherum ist intensiv bewirtschafteter Acker. Dann ist das für die wie so eine Todeszone, wo sie durchmüssen, um ein Winterquartier zu finden. Wenn abgeerntet wird, dann ist es ja praktisch wie Wüste. Amphibien brauchen ja Feuchtigkeit. Das heißt, auf so einem ausgetrockneten Standort ohne Strukturen, wo sie sich verstecken können, haben sie es natürlich total schwer, so eine Fläche zu überwinden. Geräusch Gelbbauchunke Sprecherin Im Frühling, zur Paarungszeit, erklingt das weittragende, einzigartige Huhuhu der Unke. In Brandenburg ruft die Rotbauchunke, in Bayern ertönt die Stimme der Gelbbauchunke. 19 Zsp Froschteich - Krone Sie schwimmt auf der Wasseroberfläche, pumpt sich voll, sieht aus wie so ein kleiner Ballon und lässt dann die Luft raus. Und dann entsteht dieser Unken-Ton. Und dadurch, dass sie auf der Wasseroberfläche schwimmt, trägt es sehr weit. Und man kann auch gar nicht den Ruf so richtig lokalisieren, weil von der Wasseroberfläche dieser Ton abgestrahlt wird. ((Es gibt auch Fotos, wo man sieht, dass sich dann praktisch um die rufende Unke so ein Wellenkreis bildet, also dass wirklich die Schwingungen auf die Wasseroberfläche übergehen.)) Sprecherin Krone führt die Gruppe auf einen ehemaligen Truppenübungsplatz der sowjetischen Armee, der nach dem Abzug der Soldaten und ihrer Panzer zu einem Naturparadies wurde. Allerdings: Auch hier hat es zweieinhalb Monate lang kaum geregnet. Michael Schünemann, Ranger im Naturpark Barnim erklärt, was das für die Amphibien bedeutet: 20 Zsp Froschteich - Schünemann / Krone Früher hat es in jedem Bruch, überall haben die Amphibien gerufen, die Rotbauchunken, die Laubfrösche. Jetzt ist es ganz minimal, weil die Gewässer eben trocken sind. ((Das ist ein ganz großes Problem und wir haben heute noch eine kleine Stelle gefunden, wo Wasser ist. Aber es ist wirklich dann fast die letzte hier auf dem Schießplatz.)) Das ist eine ganz gravierende Veränderung, die hier wirklich vonstattengehen. Krone: Ja, der Einzige, der noch ein bisschen uns unterstützt hat, was das Wasser betrifft, ist der Biber. Schünemann: Der Biber staut das Erlenbruch am Trampegraben an und … durch dieses Anstauen haben die Amphibien noch ein bisschen Möglichkeiten, sich fortzupflanzen. Zum Glück, wenn der Biber das nicht gemacht hätte, wäre das Wasser weg. Sprecherin Dass heute Abend hier keine Unke unkt und kein Laubfrosch quakt, liegt aber nicht nur an der Trockenheit, sondern auch an der Kälte. Bei unter 10 Grad Außentemperatur verschlägt es den Amphibien die Sprache. 21 Zsp Froschteich - Unkenruf: Quaken und Unken vom Handy Sprecherin So müsste es klingen, wenn das Konzert stattfände. Andreas Krone spielt die Tonaufnahme vor, um die Tiere zum Mitrufen zu animieren. Aber umsonst. Keine Unke antwortet aus dem kleinen Gewässer. Zum Trost haben die beiden Naturschützer einige Teichmolche gefangen, die in durchsichtigen Gefäßen herumgereicht und bestaunt werden. 22 Zsp Froschteich - Teichmolch, liegt unter dem nächsten Sprecherinnen-Text, kommt an enden Stellen hoch (Der kleine Kamm, die Füßchen… Hochzeitskleid… guck mal hier… möchte jemand haben? Unbedingt…. Hübsch… niedlich… mit dem Kamm, kleiner Dinosaurier… süß, hübsch… so breite Füße… wobei die vorne schwarze Zehen haben… mit den Pfötchen, wie ein Ahornblatt…) Sprecherin bitte langsam wg. Atmo Ein vielleicht vier Zentimeter langer Molch schlängelt sich durchs Wasser, ein Männchen im Hochzeitskleid, mit Rückenkamm, die Haut hellbraun mit schwarzen Punkten. Gut sind seine breiten Füße zu sehen, die gespreizten Zehen. Schließlich werden die Tiere wieder in den Teich entlassen. 22 Zsp Froschteich - Teichmolch, Schluss Ja, gehen wir zurück, bevor es dunkel wird. Sprecherin Wechselkröten, Teichfrösche, Unken gibt es immer weniger. Kann man, analog zum Insektensterben, auch von einem Amphibiensterben sprechen? Der Biologe Marc-Oliver Rödel vom Berliner Naturkundemuseum betreut seit 2004 ein Grasfrosch-Projekt im bayrischen Steigerwald: 23 Zsp Froschteich - Rödel Dieses Amphibiensterben gibt es. Das beobachten wir seit den 90er Jahren und das wird auch nicht besser. Also wir stellen weltweit eigentlich fest, dass Amphibienpopulationen in besorgniserregendem Maße zusammenbrechen und das ist auch in Deutschland der Fall. Es gibt Regionen in Deutschland, wo wir davon ausgehen müssen, dass wir in den nächsten paar Jahrzehnten so gut wie keine Amphibien mehr haben, weil einfach die Populationen zusammenbrechen. In Deutschland spielt der Klimawandel in einigen Regionen sicher eine Rolle, zum Beispiel in Brandenburg, wo kein Tümpel mehr ist, kann sich natürlich auch kein Frosch mehr entwickeln. Aber wenn wir zum Beispiel in unser Gebiet in Nordbayern reingucken, spielt das eigentlich keine so große Rolle. Also da wäre eigentlich ausreichend Wasser und Tümpel vorhanden, aber die Arten verschwinden trotzdem. Das kann natürlich eine Rolle spielen, dass vielleicht der Landlebensraum zu trocken wird. Es könnte Agrarchemie sein. Es kann auch vielleicht einfach nur sein das die Landschaft so fragmentiert ist, dass die kleinen Populationen, die irgendwo überstehen, durch Zufallsereignisse aussterben und dann einfach nicht mehr ersetzt werden können, weil niemand mehr dorthin wandern kann. Es können vielleicht Faktoren sein, die wir noch gar nicht kennen, also das ist bis in’s Letzte nicht geklärt… Sprecherin Bei einer Amphibienart allerdings weiß er genau, warum die Zahl der Individuen dramatisch abnimmt. Ausgerechnet den beliebten Feuersalamander bedroht ein aus Ostasien eingeschleppter Hautpilz. Seit 2010 wütet der Pilz in Holland und Belgien und hat sich von da aus nach Deutschland ausgebreitet: 24 Zsp Froschteich - Rödel Dieser Pilz, der als Salamanderpest oder Salamanderfresser bekannt wurde, führt dazu, dass die Haut bei den Feuersalamandern zerstört wird, und die Populationen brechen im Prinzip komplett zusammen, also die sind eigentlich, ökologisch gesehen sind die Populationen weg. Haut ist für Amphibien absolut lebenswichtig. Über die Haut wird Gas, also Sauerstoff, aufgenommen, CO2 abgegeben zu einem großen Teil. Die ganzen Gifte, um Mikroorganismen abzuwehren, sitzen in der Haut drin. Und so ein infizierter Salamander überlebt keine Woche. Und vor wenigen Jahren waren wir sehr geschockt, als wir feststellen mussten, dass dieser Pilz offensichtlich geschafft hat, einen mehrere 100 Kilometer großen Sprung bis nach Nordbayern zu machen und ausgerechnet im Steigerwald aufgetaucht ist. Und seitdem verfolgen wir, wie sich der Pilz auswirkt. Da wir ja die Daten haben von den Populationen, bevor der Pilz da war, können wir jetzt an über 40 Bächen verfolgen, wo der Pilz auftaucht und wie sich das auf die Population auswirkt, das heißt, wir gehen da jedes Jahr hin, und in den letzten beiden Jahren mussten wir leider feststellen, dass die Larvenpopulationen extrem eingebrochen sind. Also an einem Bach zum Beispiel, wo wir auf 200 Meter über 800 Larven normalerweise finden, hatten wir letztes Jahr nur 18. Sprecherin Eingeschleppte Krankheiten und Raubtiere, an die sich Tierarten nicht evolutionär anen konnten, sind weltweit ein Problem. Einen besonders einschneidenden Fall berichtet Rödels Kollege Professor Santiago Ron von der katholischen Universität in Quito. Sein Heimatland Ecuador ist eines der amphibienreichsten der Welt – mit bisher über 700 bestimmten Arten. 25 Zsp Froschteich - Ron Unfortunately, also we also have a large number of species that are endangered, and some of them are already extinct in the field, in nature. There was a disease that arrived especially to the Andean region, during the late 1980s. And that disease basically wiped out complete populations and species. After that, the communities of amphibians changed completely, the abundance decreased. The available information suggests that the disease came with bullfrogs from North America that were imported to Ecuador for growing, for feeding with frog legs. Sprecher / Overvoice männlich Aber leider sind bei uns viele Arten gefährdet oder sogar schon ausgestorben. Ende der 1980er Jahren breitete sich in der Andenregion eine Krankheit aus, die ganze Populationen und Arten ausradiert hat. Danach hat sich die Zusammensetzung der Amphibiengesellschaften komplett verändert. Wahrscheinlich wurde die Krankheit von nordamerikanischen Firmen eingeschleppt, die Ochsenfrosch-Farmen in Ecuador anlegten. (ab hier trocken, ohne engl. O-Ton) Um Froschschenkel zu produzieren. 26 Zsp Froschteich - Poustka (Kröte trillert) Poustka: Das Trillern, hören Sie das? Da sitzen mehrere, eins, zwei, drei, hier vier, sieben Tiere hier. Das ist ganz gut. Da hinten noch einer, acht, neun. Das ist wirklich gut. Das kann man fast nirgends mehr hören. 27 Zsp Froschteich - Wechselkröten, Frösche Nachtigallen, bleibt kurz stehen, darauf: Sprecherin Wieder ein Teich in Berlin, mitten in der Nacht. Endlich hat Albert Poustka einige Wechselkröten aufgespürt – sie trillern im Trio mit Teichfröschen und Nachtigallen. Hocken am Ufer, blasen ihre Kehlsäcke auf und locken die Weibchen. Ein einzigartiges Konzert. Durch das Fernglas kann er sie beobachten. 28 Zsp Froschteich - Poustka Die sind grün, mit schwarzen Rändern, und dazwischen sind sie so beige, das Männchen, die sind mehr so verwaschen, aber die Weibchen, das kann so richtig knallweiß sein, die sind dann sehr kontrastreich, ganz dunkelgrün und ganz weiß diese hellen Flecken, und dann haben sie oft noch so rote Flecken drin. Das sind die schönsten Kröten auf der ganzen Welt. Und die gibt’s bei uns. (Endet mit Krötengetriller) Collage Frösche, Unken usw… Sprecherin Die schönsten Kröten der Welt, bunte Feuersalamander, unkende Unken, quakende Frösche, Kaulquappen in Tümpeln – alle diese Tiere schätzen wir in unserer heimischen Natur. Aber sie verschwinden, von Jahr zu Jahr. Schon heute hat manches Kind noch nie einen lebendigen Frosch gesehen oder gehört. Das endgültige Verstummen der Lurche dürfen wir nicht zulassen. 194155
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